
Sopron/Ödenburg: Beinahe Hauptstadt
© ORF Burgenland, Sendung vom: 22.07.2021
Sopron – auf Deutsch Ödenburg – liegt nicht im Burgenland, sondern im Nachbarland Ungarn. Die Bedeutung der Stadt für das Burgenland war und ist dennoch groß: Im Jahr 1921 war geplant, dass Sopron/Ödenburg die Hauptstadt des Burgenlandes werden sollte. Doch es kam alles ganz anders.
Die Volksabstimmung in Sopron/Ödenburg und acht Umlandgemeinden ging mit 65 zu 35 Prozent für Ungarn aus. Es gab zwar Unregelmässigkeiten bei der Wahl, der Verbleib von Sopron/Ödenburg bei Ungarn war aber ohnehin bereits vorab ausgemachte Sache.
„Es hat ein Krieg zwischen Österreich und Ungarn gedroht, aber beide Staaten wollten das mit allen Mitteln verhindern. So hat man sich in einer Geheimsitzung unter Führung der Italiener in Venedig getroffen. Da wurde ausgemacht, dass die Freischärler das Burgenland räumen und das Burgenland anstandslos an Österreich angeschlossen wird. Österreich musste dafür aber auf Sopron verzichten“, erklärte Historiker Gerald Schlag.
Pro-ungarische Wähler in Wahllisten aufgenommen
Viele Deutschsprachige wurden um 1921 aus Sopron/Ödenburg vertrieben und waren am Stichtag der Volksabstimmung nicht gemeldet und durften also nicht wählen. Pro-ungarische Wähler hingegen wurden in die Wahllisten aufgenommen. „Man hat dann schnell aus Innerungarn überzeugte Ungarn hier einquartiert. Meistens nur über diese Epoche, also drei Wochen lang. Die waren hier ordentlich gemeldet am Stichtag und daher wahlberechtigt. Das ist auch mit stillem Einverständnis Österreichs passiert“, so Schlag.
Mit dem Verbleib von Sopron/Ödenburg verliert das Burgenland das wirtschaftliche, kulturelle und gesellschaftliche Zentrum. „Burgenland war in dem Augenblick ein Land der Dörfer. Und was noch viel schwieriger war: Sopron/Ödenburg war das Zentrum des Verkehrs damals. Es war furchtbar schwierig, von den einzelnen Teilen des Burgenlandes nach Eisenstadt zu kommen, ohne dabei ins Ausland – sprich Ungarn – zu fahren“, so Schlag.
„Sopron ist auch für Burgenländer wieder ein Zentrum“
Letztendlich ist in der Frage um Sopron/Ödenburg ein für beide Seiten annehmbarer Kompromiss ausverhandelt worden: „Es war ein glücklicher Umstand, kann man heute sagen, dass hier wirklich größere Konflikte bis hin zu einem Krieg verhindert wurden. Heute kann man zurückschauen und sagen: Jetzt sind wir alle gemeinsam bei der EU. Sopron ist wieder das, was es jahrhundertelang war, nämlich auch für die Burgenländer ein Zentrum“, so Historiker Schlag.
Sopron/Ödenburg blieb jedenfalls bei Ungarn und das Burgenland hatte zum damaligen Zeitpunkt vorerst keine Hauptstadt mehr. Erst 1925 wurde Eisenstadt zum Sitz der Landesregierung und so defacto zur Landeshauptstadt bestimmt.