Wissenswertes & Historisches

Wann und wie entstand das Burgenland?

Am Ende des Ersten Weltkriegs zerfiel die Habsburgermonarchie in mehrere Nationalstaaten. Im äußersten Westen Ungarns lebte schon seit Jahrhunderten eine große deutschsprachige Minderheit, die auf einmal vom deutschsprachigen Österreich abgetrennt war. Bei den Friedensverhandlungen in Frankreich wurde daher 1919 beschlossen, jenes Gebiet im Westen Ungarns, in dem sich die Mehrheit der Bevölkerung als Deutsche identifizierte (Deutsch-Westungarn), von Ungarn abzutrennen und an Österreich anzuschließen. Damit waren nicht alle einverstanden, und so kam es sogar zu Kampfhandlungen als ab dem 28. August 1921 österreichische Sicherheitskräfte in die Region einmarschierten. Auf Einladung Italiens wurde am 13. Oktober 1921 in Venedig eine friedliche Lösung des Konflikts zwischen Österreich und Ungarn vereinbart. Und es wurde auch beschlossen, dass in strittigen Bezirken eine Volksabstimmung abgehalten werden sollte. So kam es auch, dass Ödenburg/Sopron, das Landeshauptstadt hätte werden sollen, im Dezember 1921 für den Verbleib bei Ungarn votierte. Im März 1923 war schließlich die Ziehung der neuen Grenze abgeschlossen.

Woher kommt der Name „Burgenland“?

Ursprünglich gab es weder den Namen „Burgenland“, noch eine eigenständige Verwaltungseinheit. Die Region Deutsch-Westungarn teilte sich auf vier ungarische Komitate [Verwaltungseinheiten vergleichbar mit den österreichischen Bundesländern] auf. Die deutschen Namen dieser vier nach ihren Hauptstädten benannten Komitate endeten alle auf -burg: Pressburg, Wieselburg, Ödenburg und Eisenburg. Daher wurde für jenes Gebiet im Juni 1919 zunächst die Bezeichnung „Vierburgenland“ vorgeschlagen. Nachdem bald feststand, dass Pressburg an die Tschechoslowakei und auf jeden Fall Wieselburg und Eisenburg an Ungarn fallen sollen, wurde die Bezeichnung geändert in „Burgenland“.


Was bedeuten die Farben und das Wappen des Burgenlandes?

Das Wappen des Burgenlandes basiert auf den Wappen zweier mittelalterlicher Adelsgeschlechter, deren Geschichte in Verbindung stand mit der österreichischen Landesgeschichte: Die Grafen von Mattersdorf-Forchtenstein, die neben ihren ausgedehnten Besitzungen in Ungarn auch mehrere Herrschaften in Niederösterreich, der Steiermark und Kärnten besaßen, und die Güssinger, die im 13. Jahrhundert durch systematischen Herrschaftserwerb und Ausnützung geistlicher Würden und Hofämter einen riesigen Machtkomplex im Westen Ungarns aufgebaut hatten, der gleichermaßen zur Bedrohung für die ungarischen Könige wie für die steirischen und österreichischen Herzöge wurde. Die Farben Rot-Gold wurden unmittelbar nach dem Ersten Weltkrieg von den Betreibern des Anschlusses Deutsch-Westungarns an Österreich als gemeinsames Zeichen genutzt. Diese Farben und das Wappen wurden vom burgenländischen Landtag 1922 als Landessymbole festgelegt.

Wie kam es, dass Eisenstadt die Hauptstadt des Burgenlandes wurde?

Bei der Volksabstimmung im Dezember 1921 stimmte die Mehrheit der Bevölkerung von Ödenburg/Sopron, das die Hauptstadt des Burgenlandes hätte werden sollen, für den Verbleib bei Ungarn. Es musste also eine neue Hauptstadt gefunden werden. Mattersburg, Pinkafeld, Sauerbrunn und Eisenstadt warfen sich ins Rennen – die Landesregierung hatte vorerst in Sauerbrunn ihren Sitz, der Landtag in der Eisenstädter Martinkaserne. Drei Jahre lang buhlten die vier Städte um die Gunst der Landtagsabgeordneten. Schließlich entschied sich der Landtag am 30. April 1925 nach mehreren Abstimmungsrunden für Eisenstadt als „Sitz der Landesregierung und des Landtags“. Der Begriff „Landeshauptstadt“ wurde allerdings vermieden, weil man den Anspruch auf Ödenburg noch nicht aufgeben wollte. Erst 1965 wurde der Status von Eisenstadt als „Landeshauptstadt“ in der Stadtverfassung verankert und 1981 schließlich auch in der Landesverfassung.
 

Was hat es mit den Volksgruppen auf sich?

In Österreich gibt es heute sechs anerkannte autochthone Volksgruppen: die burgenlandkroatische, die slowenische, die ungarische, die tschechische und die slowakische Volksgruppe sowie die Volksgruppe der Roma. Der rechtliche Status dieser Volksgruppen ist in zwei Staatsverträgen, in der österreichischen Verfassung und in verschiedenen Gesetzen und Verordnungen geregelt. Im Burgenland besonders stark vertreten sind die burgenlandkroatische und die ungarische Volksgruppe wie auch die Volksgruppe der Roma. Neben den rechtlich anerkannten Volksgruppen leben im Burgenland auch andere Minderheiten, etwa Flüchtlinge aus den Balkankriegen des späten 20. Jahrhunderts.

Welche Religionen sind im Burgenland vertreten?

Bei der letzten Volkszählung im Jahr 2001 gaben 79,4% der burgenländischen Bevölkerung römisch-katholisch als ihre Religionszugehörigkeit an. Gut 13% gaben an, einer der Evangelischen Kirchen anzugehören (Augsburger Bekenntnis A.B. und Helvetisches Bekenntnis H.B.). In Österreich lag damals der Anteil der Mitglieder der Evangelischen Kirchen an der Gesamtbevölkerung bei knapp unter 5%. Der relativ hohe Anteil im Burgenland ist historisch erklärbar, weil in Ungarn mehr Religionsfreiheit bestand als in Österreich. So ist auch die Reformierte Pfarrgemeinde in Oberwart heute die älteste bestehende evangelische Kirchengemeinde in Österreich. Mit 2,4% ist der Anteil der muslimischen Bevölkerung im Burgenland allerdings der niedrigste von allen österreichischen Bundesländern. Bis 1938 gab es auch mehrere jüdische Gemeinden im Burgenland. Nach Vertreibung und Ermordung durch das nationalsozialistische Regime sind aber von diesen Gemeinden nur noch bauliche Überreste geblieben.


Was geschah mit dem Burgenland im Nationalsozialismus?

Das nationalsozialistische Regime löste das Burgenland als eigenständige Verwaltungseinheit mit Wirkung per 15. Oktober 1938 auf und teilt es auf die „Reichsgaue“ „Niederdonau“ und Steiermark auf. Der zuletzt noch vom NS-Regime eingesetzte Landeshauptmann Tobias Portschy wurde stellvertretender Gauleiter der Steiermark.

Gab es Opfer des Nationalsozialismus auch im Burgenland?

Endgültige Zahlen hat die Geschichtsforschung teilweise auch wegen einer unvollständigen Quellenlage noch nicht hervorgebracht. Fundierte Schätzungen gehen davon aus, dass nur rund 400 der ehemals rund 7.000 burgenländischen Roma überlebt haben. Rund 1.300 Jüdinnen und Juden aus dem Burgenland wurden in den nationalsozialistischen Vernichtungslagern ermordet. Dem nationalsozialistischen Euthanasieprogramm sind rund 300 Burgenländerinnen und Burgenländer zum Opfer gefallen. Erste Studien haben sich auch schon mit Opfern der nationalsozialistischen Homosexuellen­verfolgung beschäftigt. Auch unter den politischen Gegnern des Regimes gab es Opfer, darunter wohl am prominentesten der letzte Landeshauptmann vor Machtergreifung der Nationalsozialisten, Hans Sylvester, der am 19. Jänner 1939 in Dachau ums Leben kam. Als gegen Ende des Zweiten Weltkriegs der sogenannte Südostwall auch auf dem Gebiet des heutigen Burgenlandes zur Abwehr der heranrückenden Front errichtet wurde, kam es auch zu Massenerschießungen von Zwangsarbeitern, darunter hauptsächlich ungarische Jüdinnen und Juden.

Was geschah mit dem Burgenland nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs?

Als die „Schlacht um Wien“ noch im Gange war, gab es schon erste politische Bestrebungen, das Burgenland als eigenständiges Bundesland wieder zu errichten. Die provisorische österreichische Staatsregierung unter Karl Renner stand diesen Bestrebungen zunächst nicht positiv gegenüber. Den Ausschlag für das am 29. August 1945 beschlossene "Verfassungsgesetz über die Wiederherstellung des selbständigen Landes Burgenland", das mit 1. Oktober 1945 in Kraft trat, hat die sowjetische Führung gegeben, die ebenfalls auf zwei Bundesländer als Besatzungszone bestand. Das Burgenland war dann bis 1955 sowjetische Besatzungszone.

Welche Auswirkungen hatte der Kalte Krieg auf das Burgenland?

Während der Zeit des Kalten Krieges lag das Burgenland an der Grenze der „westlichen Welt“ direkt am Eisernen Vorhang. Das hatte auch negative wirtschaftliche Folgen für die ohnehin strukturschwache Region. Zudem waren oftmals Familienbande durch die Grenze getrennt.

Welche Rolle spielte das Burgenland beim Fall des Eisernen Vorhangs?

Der Fall des Eisernen Vorhangs begann an der burgenländischen Grenze zu Ungarn. Am 2. Mai 1989 begannen ungarische Soldaten die Grenzsicherungsanlage ausgehend vom Grenzübergang Nickelsdorf‐Hegyeshalom abzubauen. Die Grenzen blieben aber vorerst noch dicht. Schließlich wagten die Machthaber in Ungarn am 19. August 1989 beim sogenannten Paneuropäischen Picknick einen Versuch. Sie öffneten kurzzeitig die Grenzen hin zu Österreich für Bürgerinnen und Bürger der DDR. Hunderte strömten so im Umweg über Österreich in den Westen. Weil die Sowjetführung nicht eingegriffen hatte, machten sich zehntausende DDR Bürgerinnen und Bürger auf den Weg nach Ungarn mit dem Ziel, über Österreich in den Westen zu gelangen.

Wie wirkte sich der EU-Beitritt Österreichs auf das Burgenland aus?

Der EU-Beitritt Österreichs mit 1. Jänner 1995 wirkte sich überaus positiv auf das Burgenland aus, weil es zur Ziel-1-Region erklärt wurde. Zwischen 1995 und 2006 wurden mehr als 985 Mio. Euro an Ziel-1-Förderung vergeben.

Wie wirkte sich der EU-Beitritt Ungarns auf das Burgenland aus?

Auch der EU-Beitritt Ungarns im Jahr 2004 hatte durchwegs positive Auswirkungen auf das Burgenland, weil es von der Grenzregion mitten ins geographische Zentrum des europäischen Binnenmarktes rückte. Über den ökonomischen Profit darf aber der positive Effekt der weiteren Grenzöffnung nicht vergessen werden. Denn für Jahrzehnte hat Stacheldraht getrennt, was davor Jahrhunderte zusammengehörte.


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